FAQ - Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten | Legasthenie
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Fallbeispiele | Wie äußern sich Rechenschwierigkeiten (Rechenschwäche)? Wie (woran) erkennt man Rechenschwierigkeiten, Rechenschwäche und Rechenstörung? | Elternfragebogen: Rechenfehler
Fallbeispiele
(1) Antonias Rechenschwierigkeiten betreffen die grundlegenden Rechenfertigkeiten der Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division. Ihre Eltern berichten, dass Antonia Additions- und Subtraktionsaufgaben meist fingerzählend löse; dabei verzähle sie sich oftmals. Zur Lösung von Rechenaufgaben benötige sie weitaus mehr Zeit als ihre Klassenkameraden.
Antonia kann sich Zahlen und ihre Beziehungen zueinander nicht vorstellen. Es fehlt ihr die Vorstellung, dass sich eine Menge aus Teilmengen zusammensetzt, die sie zählen und miteinander vergleichen kann (Beispiel: "Um wie viel ist 6 größer als 4?"). Textaufgaben kann sie ohne Hilfe kaum in die passenden Rechenoperationen übertragen.
Psychische Belastung. Ihre Eltern berichten, dass Antonia immer häufiger vor der Schule über Bauch- oder Kopfschmerzen klage. Sie will nicht zur Schule gehen, Schule sei "doof"; insbesondere an Tagen, an denen sie Mathe habe. Auch die Mathematikhausaufgaben stellen eine große Belastung für Antonia und ihre Eltern dar. Fast täglich kommt es deswegen zu Konflikten in der Familie. Ihre Eltern machen sich große Sorgen um die schulische Entwicklung ihrer Tochter.
(2) Quelle: Bernart, H. & Weinig, J. (2020). Rechenschwierigkeiten und Rechenstörungen. Multimodales Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche. Weinheim: Beltz
Erscheinungsbild. Betroffene Kinder und Jugendliche weisen von frühester Entwicklung an Defizite im Erwerb mathematischer Basiskompetenzen und Rechenfertigkeiten auf. Häufig werden bereits im Kindergartenalter aufgrund von Defiziten in den spezifischen und unspezifischen kognitiven Lernvoraussetzungen deutliche Schwierigkeiten im Umgang mit Zahlen und Mengen bemerkbar.
Die spezifischen kognitiven Lernvoraussetzungen sind Basiskompetenzen; basisnumerische Fertigkeiten, die eng mit dem Rechenerwerb in Verbindung stehen. Dazu zählen beispielsweise (1) Subitizing, das schnelle Erfassen einer Menge; (2) Mengenvergleich, der Größenvergleich zweier Mengen; (3) Zahlenvergleich, der Größenvergleich zweier Zahlen; (4) Zahlen-Mengen-Vergleich, der Größenvergleich einer Zahl und einer Menge; (5) Zahlenstrahl, Einordnen von Zahlen auf dem Zahlenstrahl; (6) Kontextuelle Mengenbeurteilung, Einschätzung einer Menge in Bezug zum Kontext.
Beim Erwerb mathematischer Konzepte und Rechenfertigkeiten machen zunächst alle Kinder Fehler. Kinder mit Rechenschwierigkeiten machen jedoch häufiger und dauerhafter Fehler. Und sie fallen durch ihre Rechengeschwindigkeit auf, weil sie dauerhaft ineffektive Zählstrategien nutzen.
In den ersten beiden Grundschuljahren können Kinder mit Rechenschwierigkeiten ihre Defizite in mathematischen Basiskompetenzen (noch) kompensieren. So können sie die Anforderungen des Rechnens im Zahlenraum bis 20 über "zählendes Rechnen" mittels ihrer Finger oder durch das Auswendiglernen von Rechenaufgaben bewältigen. Erkannt werden Rechenschwierigkeiten oftmals zum Ende der zweiten Klasse, wenn in der Schule eine Ablösung von Anschauungsmaterial erfolgt und sich der Zahlenraum bis 100 erweitert.
Zu einer scheinbaren Erleichterung führt der Erwerb der schriftlichen Rechenverfahren zu Addition und Subtraktion, da ein Rückgriff auf die Addition und Subtraktion im Zahlenraum bis 20 erfolgt. Einigen Eltern werden die gravierenden Rechenschwierigkeiten ihres Kindes (daher) erst nach der Grundschule offenbar, wenn neue mathematische Anforderungen wie die Bruch- und Prozentrechnung die sichere Beherrschung der Grundrechenarten voraussetzen.
Symptome. Schwierigkeiten beim Zählen (Zählfertigkeit), Mengen- und Zahlvergleich, Lesen und Schreiben von Zahlen; Verständnisschwierigkeiten des Dezimalsystems und Schwierigkeiten bei der Anwendung mathematischer Operationen. Rechenschwache Kinder versuchen die Rechenaufgaben mit eingeübten Rechenwegen und Rechentricks zu lösen, beispielweise durch "schriftliches Rechnen im Kopf" oder "Untereinanderschreiben". Multiplikations- und Divisionsaufgaben werden häufig zeitraubend bearbeitet, indem die entsprechende Multiplikationsreihe hochgezählt wird.
Elternfragebogen: Rechenfehler
Die Schwierigkeiten in Basiskompetenzen, Rechenprozedere (Grundrechenarten), Aufbau und Abruf arithmetischen Faktenwissens manifestieren sich in spezifischen Fehlern. Für eine erste Einschätzung ist es hilfreich zu wissen, welche Schwierigkeiten das Kind (Jugendliche) in der Vergangenheit zeigte.
Ausschnitt aus: Bernart, H. & Weinig, J. (2020). Rechenschwierigkeiten und Rechenstörungen.
Multimodales Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche. Weinheim: Beltz
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Nie oder nicht bekannt |
Manchmal |
Immer oder haeufig |
Basiskompetenzen: Mein Kind hat (hatte) Schwierigkeiten … |
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zwei Mengen von Objekten nach ihrer Maechtigkeit zu vergleichen (»Wo sind mehr?«). |
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Zahlen eine Menge zuzuordnen (z.B. »Gib mir fuenf Murmeln!«). |
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beim Schaetzen grosser Mengen. |
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beim Vorwaertszaehlen (z.B. ließ Zahlen aus). |
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beim Rueckwaertszaehlen (z.B. ließ Zahlen aus). |
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beim Zaehlen in Schritten. |
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beim Abzaehlen einer Menge von Objekten. |
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beim Lesen von Zahlen (z.B. Zahlendreher: »34« à »dreiundvierzig«). |
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beim Schreiben von Zahlen (z.B. Zahlendreher: »sechsundfuenfzig« à »65«. |
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beim Schreiben von grossen Zahlen (z.B. wortwoertliches Verschriften: »vierhundertacht« à 4008). |
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Addition und Subtraktion: Mein Kind hat (hatte) Schwierigkeiten … |
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beim zaehlenden Rechnen. Es verrechnete sich haeufig um 1, z.B. 2 + 3 = 4. |
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mit dem Zehneruebergang. Es verwendete haeufig komplizierte Rechenwege. |
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in der sicheren Anwendung von Addition und Subtraktion. Es verwechselte haeufig die Rechenzeichen, z.B. rechnet »plus« statt »minus«. |
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beim Loesen von Ergaenzungsaufgaben (z.B. ___ - 5 = 8). |
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Multiplikation und Division: Mein Kind hat (hatte) Schwierigkeiten … |
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die Multiplikation zu begreifen (»Was bedeutet Multiplikation?«). |
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die Division zu begreifen (»Was bedeutet Division?«). |
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beim Lernen des »kleinen Einmaleins«. |
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die Loesungen von Multiplikations- und/oder Divisionsaufgaben schnell zu benennen. |
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beim Loesen Multiplikations- und/oder Divisionsaufgaben durch Hochzaehlen der Multiplikationsreihe. Es machte Zaehlfehler. |
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Textaufgaben: Mein Kind hat (hatte) Schwierigkeiten … |
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bei Textaufgaben wichtige Informationen zu entnehmen. |
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die richtige Rechenart (z.B. Addition) zu bestimmen (»Was ist zu rechnen?«) |
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Besondere Anmerkungen: __________________________________________________________________________
Psychische Belastung | Emotional-motivationale Lernvoraussetzungen
Kinder und Jugendliche mit Rechenschwierigkeiten erleben aufgrund ihrer Misserfolge häufig Stress und können Prüfungsangst, Versagens- und Schulangst entwickeln; wenn ihre Schwierigkeiten nicht erkannt und behandelt werden. Vielfach entwickeln sich dann psychische Probleme und psychosomatische Beschwerden; um 20 % der Kinder und Jugendlichen mit gravierenden Rechenschwierigkeiten entwickeln eine Verhaltens- und/oder emotionale Störung. Die allgemeinen Schulschwierigkeiten nehmen beständig zu. Betroffene Schüler/innen reagieren traurig, ziehen sich zurück, wirken schüchtern, still und depressiv. Oder sie reagieren wütend, verweigern und stören den Unterricht.
Diese Schwierigkeiten beeinflussen die weitere Entwicklung des Kindes (Jugendlichen). Das Kind (Jugendliche) kann die Leistungserwartungen nicht erfüllen, dies schwächt sein schulisches Selbstkonzept und sein Selbstwertgefühl. Seine emotional-motivationalen Lernvoraussetzungen werden defizitär.