FAQ - Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten | Legasthenie

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Fallbeispiel | Wie äußert sich LRS (Lese-Rechtschreibschwäche)? Wie (woran) erkennt man LRS (Lese- und Rechtschreibschwäche)?

Fallbeispiel

Lesen. Antonias Leseschwierigkeiten betreffen ihre Lesegeschwindigkeit, Lesegenauigkeit und ihr Leseverständnis. Antonia liest sehr langsam und stockend (lautierend). Ihre Eltern berichten, dass Antonia immer wieder "Buchstabe für Buchstabe" liest oder "was da gar nicht steht". Sie verwechselt beim Lesen oftmals "d" und "b" oder "ie" und "ei". Es fällt ihr schwer, sich Wortbilder einzuprägen. Weil das Lesen für Antonia sehr anstrengend ist, kann sie sich kaum auf den Inhalt eines Textes konzentrieren. Oft versteht sie gar nicht, was sie gerade gelesen hat.

Rechtschreibung. Antonias Rechtschreibschwierigkeiten beginnen bereits auf der phonologischen Ebene (Laut-Buchstabe-Zuordnung). Sie vergisst und verwechselt Buchstaben, oder sie fügt Buchstaben hinzu. Die Anwendung von Rechtschreibregeln bereitet Antonia große Schwierigkeiten: Antonia ist sich sehr unsicher, ob ein Mitlaut verdoppelt werden muss oder wann ein "h" im Wort vorkommt. Auch die Groß- und Kleinschreibung beherrscht sie nicht.

Obwohl ihre Eltern täglich mit Antonia Lernwörter üben, macht sie in Diktaten und Aufsätzen viele Fehler. Auch "bereits gekonnte" Wörter schreibe Antonia wiederholt auf unterschiedliche Art und Weise falsch.

Psychische Belastung. Auch die Deutschhausaufgaben stellen eine große Belastung für Antonia und Ihre Eltern dar. Fast täglich komme es deswegen zu Streit und Konflikten. Ihre Eltern machen sich große Sorgen um die schulische Entwicklung ihrer Tochter: Sie berichten, dass Antonia immer häufiger vor der Schule über Bauch- oder Kopfschmerzen klage. Sie wolle nicht zur Schule gehen, Schule sei "doof"; insbesondere an Tagen, an denen sie Deutsch habe.

Leseschwierigkeiten und Lesestörung

Leseschwierigkeiten, die sich zu einer Lesestörung entwickeln können, bestehen seit Schulbeginn. Sie sind durch viele Fehler beim Lesen und eine langsame Lesegeschwindigkeit gekennzeichnet. Das Leseverständnis kann defizitär sein. Kinder mit Leseschwierigkeiten zeigen Probleme beim Erlernen der Buchstaben-Laut-Zuordnung und beim direkten Erfassen von Wörtern. Häufig versuchen sie Worte aus dem Zusammenhang zu erraten. Das Textverständnis kann eingeschränkt sein.

Symptome. Kinder mit Leseschwierigkeiten lesen langsam und stockend. Sie lassen Buchstaben, Silben oder Wörter aus und vertauschen oder fügen Buchstaben, Silben oder Wörter hinzu. Sie verlieren die Lesezeile im Text. Besondere Schwierigkeiten können beim Lesen von Zwielauten ("ei", "au") oder Konsonantenverbindungen ("sp", "st", "tz") oder Doppelkonsonanten ("ck", "tt") bestehen. Das Gelesene wird häufig nicht ausreichend verstanden. Der Inhalt wird oft geraten.

Rechtschreibschwierigkeiten und Rechtschreibstörung

Rechtschreibschwierigkeiten, die sich zu einer Rechtschreibstörung entwickeln können, bestehen seit Schulbeginn. Sie sind durch große Schwierigkeiten beim Erlernen der Laut-Buchstaben-Zuordnung sowie der sicheren Rechtschreibung von Wortbestandteilen (Morphemen) und Wörtern gekennzeichnet. Kinder mit Rechtschreibschwierigkeiten machen viele Rechtschreibfehler. Auch lautgetreue oder geübte Wörter werden wiederholt falsch schreiben. Manchmal können sie nicht lesen, was sie selbst geschrieben haben. Das freie Schreiben (Textproduktion) kann schwach sein.

Symptome. Kinder mit Rechtschreibschwierigkeiten lassen Buchstaben aus und verdrehen oder vertauschen Buchstaben. Sie schreiben beispielsweise "Biene" statt "Beine". Grafisch ähnliche Buchstaben werden verwechselt ("b/d/p/q" oder "m/w/v"). Auch ähnlich klingende Laute werden verwechselt, beispielsweise "Grone" statt "Krone" oder "Wisch" statt "Fisch". Immer wieder werden Wörter auf unterschiedliche Weise falsch geschrieben. Schwierigkeiten bestehen insbesondere bei der Anwendung von Rechtschreibregeln. So werden Konsonantenverdopplungen oder das "Dehnungs-h" kaum beachtet. Es besteht kein ausreichend sicherer und automatisierter Zugriff auf Wortbilder (s. mentales orthographisches Lexikon).

Psychische Belastung | Emotional-motivationale Lernvoraussetzungen

Kinder und Jugendliche mit Lese- und/oder Rechtschreibschwierigkeiten erleben aufgrund ihrer Misserfolge häufig Stress. Sie können Prüfungsangst, Versagens- und Schulangst entwickeln, wenn ihre Schwierigkeiten nicht erkannt und behandelt werden. Oft entwickeln sich dann psychische Probleme und psychosomatische Beschwerden. Etwa 20 % der Kinder und Jugendlichen mit gravierenden Lese- und/oder Rechtschreibschwierigkeiten entwickeln eine Verhaltens- und/oder emotionale Störung. Betroffene Schüler/innen reagieren enttäuscht; sie ziehen sich zurück, wirken ängstlich, still und oftmals depressiv. Oder sie reagieren wütend, verweigern und stören den Unterricht. Die allgemeinen Schulschwierigkeiten nehmen beständig zu.

Diese Schwierigkeiten beeinflussen die weitere Entwicklung des Kindes (Jugendlichen). Das Kind (Jugendliche) kann die Leistungserwartungen nicht erfüllen, dies schwächt sein schulisches Selbstkonzept und sein Selbstwertgefühl. Seine emotional-motivationalen Lernvoraussetzungen werden defizitär.


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